Fachtag Familie und Wohnen - Dokumentation

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Als die Familienverbände vor einiger Zeit das Thema „Familie und Wohnen“ auf die Agenda schrieb, konnte niemand ahnen, welche Bedeutung die eigene Wohnung in diesem Jahr bekommen sollte. Wie auf vielen anderen Gebieten verstärkt die Coronakrise auch Probleme im Bereich Wohnen.

Schon bevor die Pandemie diese Fragen in den Fokus rückte, planten die Familienverbände für den 21. September 2020 den Fachtag „Familie und Wohnen“ im Rahmen des Themenjahres: „Wohnen und Infrastruktur für Familien“.

Download: Programm

 

Die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Ursula Nonnemacher, hielt ein umfassendes Grußwort, in dem sie bereits auf die aktuellen Problemlagen verwies.

Download: Grußwort - Ministerin Ursula Nonnemacher

 

Einen Überblick, wie Familien in Brandenburg wohnen, konnte Frau Ricarda Nauenburg vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg vorstellen. Sie referierte zu Wohnungsgrößen, verfügbarem Wohnraum, Mietbelastung, Verhältnis von Miete und Eigentum und wie viele Familien finanzielle Unterstützung erhalten.

Download: Wie wohnen Familien in Brandenburg - Ricarda Nauenburg

 

Auf ein interessantes Phänomen Brandenburgs machte Henning Boeth vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung aufmerksam: Städte in der zweiten Reihe als Zuzugsstädte. Während in den letzten Jahren überwiegend der sogenannte „Speckgürtel“ um Berlin expandierte, sind die Aufnahmekapazitäten inzwischen nahezu erschöpft. Städte in der zweiten Reihe sind entferntere Ober- und Mittelzentren, von denen man mit der Bahn innerhalb einer Stunde Berlin erreichen kann. Sie sind seit 1990 von einer negativen Bevölkerungsentwicklung betroffen, die sich aber in den letzten Jahren stabilisiert hat. Einige Bürgermeister gehen sogar vorsichtig von einem Wachstum aus, sehen sie doch Chancen, dass Leerstand reduziert werden kann und die Innenstädte wieder mit Leben erfüllt werden. Henning Boeth bremst den Optimismus, da es trotz positiver Wanderungssalden kein Bevölkerungswachstum gibt. Die natürliche Bevölkerungsentwicklung verläuft negativ. Die Zuzüge können zur Zeit nur die Differenzen aus Geburten- und Sterberate ausgleichen.

Download: Städte in der 2. Reihe - Henning Boeth

 

Dr. Shih-cheng Lien vom Deutschen Jugendinstitut stellte ihr Forschungsprojekt zu gemeinschaftlichen Wohnformen vor. Dies sind gemeinschaftliche Wohnprojekte, bei denen mehrere Haushalte an einem Wohnstandort jeweils in separaten Wohnungen leben, sich aber für das gemeinschaftliche Leben, eine gegenseitige Unterstützung oder die Verfolgung eines gemeinsamen Lebensgrundsatzes entschieden haben. Für diese Art des Zusammenlebens entscheiden sich immer mehr Familien, da sich lebensformen- und lebenslaufgerechtes Wohnen für Familien realisieren lässt. Ihr Fazit: „Familien brauchen nicht nur bezahlbaren Wohnraum.
Sie brauchen auch „atmende Lebensräume“, die familienbiographische Veränderungen aufgreifen und Kontinuitäten in nahräumlicher sowie sozialer Hinsicht ermöglichen.“
Wir brauchen eine lebenslauforientierte Wohnraumpolitik.

Download: Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen - Dr. Shih-cheng Lien

 

Am Nachmittag standen Beispiele aus der Praxis im Mittelpunkt: die Situation wohnungsloser Familien, Förderung von Wohneigentum, Entwicklung von Infrastruktur und Wohnungstausch. Als Einstieg wurden die Ergebnisse der LAGF-Umfrage präsentiert.

Download: Ergebnisse der Umfrage "Familie und Wohnen"

 

Wohnungslose Familien sieht man nicht im Stadtbild, sie tauchen in keiner Statistik auf, aber es gibt sie. Im Unterschied zu obdachlosen Menschen leben sie nicht auf der Straße, sondern kommen übergangsweise bei Freunden unter oder werden im Familienhaus der AWO in Potsdam aufgenommen. Frau Petra Wolter (AWO) gab einen Einblick in das Leben wohnungsloser Familien. Die Perspektiven, eine neue Wohnung zu finden, sind dabei nicht besonders gut. Familienwohnungen, die bezahlbar sind, gibt es in Potsdam nicht viele. Ein Ortswechsel kommt nicht infrage, weil man sein vertrautes soziales Umfeld nicht verlassen will. Kinder haben Freundinnen und Freunde in Kita und Schule.

Download:  Wohnungslose Familien - Petra Wolter

 

Heiligengrabe ist eine kleine Gemeinde in der nördlichen Peripherie Brandenburgs. Hier konnte die Bevölkerungsentwicklung stabilisiert werden Als einziger Gemeinde im Landkreis wird Heiligengrabe ein Wachstum bei Kindern und Jugendlichen vorhergesagt. Den Grund für die Stabilisierung sieht Bürgermeister Holger Kippenhahn in einem Mix aus Wirtschaftspolitik, Infrastruktur für Familien und dem Ausbau von Bildungsangeboten. Als i-Tüpfelchen fördert Heiligengrabe den Wohneigentumserwerb von Familien finanziell. Seine Forderung: Der Wohnungsmarkt darf nicht dem Markt überlassen werden. Das Land und die Städte und Gemeinden sind beim sozialen Wohnungsbau gefordert.

Download: Förderung von Wohneigentum - Holger Kippenhahn

 

Luckenwalde ist eine Stadt aus der Zweiten Reihe. Nach einem massiven Bevölkerungsrückgang stabilisierte sich die Situation und man rechnet mit Zuzüglerinnen und Zuzüglern, die den Mix aus Freizeit-, Kultur- und Sportangeboten, die Ruhe und das Grün, die Nähe zu Berlin und das Kleinstadtflair schätzen. Torsten Dutschke vom Stadtplanungsamt der Stadt sieht als Gründe den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, der Kultur- und Freizeitangebote und die Entwicklung der Bildungsinfrastruktur.

Download: Infrastruktur für Familien - Torsten Dutschke

 

Einen Weg, wie man vorhandenen Wohnraum optimaler nutzen kann, versucht die Stadt Potsdam. Katharina Osbelt stellt die Koordinierungsstelle Wohnungstausch vor. Hier sollen Menschen zusammengebracht werden, die ihre Wohnung tauschen wollen, weil sie ihnen zu groß geworden ist, mit jungen Familien, die sich vergrößern wollen. Der große Vorteil gegenüber Online-Tauschbörsen ist der persönliche Kontakt, der gerade für ältere Menschen wichtig ist. So können offene Fragen sofort angesprochen werden.

Download: Wohnungstauschbörse - Katharina Osbelt